Theologen der Universität Bonn verleihen den ökumenischen Predigtpreis 2019
Regina Laudage-Kleeberg (Essen): Preisträgerin für „Die Beste Predigt 2019“
Foto: Frederike Nordholt | Univ. Bonn
„Wir müssen uns um die Zukunft guter Predigt keine Sorgen machen. Was an Quantität nicht mehr da sein wird wie früher, dem wird hier durch Qualität etwas entgegengesetzt.“ So drückt es der Jury-Vorsitzende und evangelische Theologieprofessor Prof. Eberhard Hauschildt bei der Feier zur Übergabe der Preise in der Schlosskirche im Hauptgebäude der Universität aus. Die Jury, zu der auch seine Kollegen Prof. Bert Roebben (kath.-theol. Fakultät) und Prof. Andreas Krebs (altkath. Seminar) gehören, hatte aus 120 Predigten die besten ausgewählt: weil sie nicht nur gekonnt, sondern auch überraschend gestaltet waren – dabei auf eine biblische Erzählung genauso bezogen wie verständlich und konsequent gegenwartserhellend. Und es zeigte sich, dass in dieser Auswahl sich ein hoher Anteil von solch christlichen Reden befand, die junge Personen verfasst hatten.
Zur Urkunde gab es einen Rosenstock, Symbol nicht nur für die Liebe, sondern, wie die Jury fand, auch für Predigt als etwas Lebendiges in der Zeit, genährt vom biblischem Boden, aus dem sie wächst, in Luft und Sonnenlicht der Gegenwart gewachsen, mit auffallenden Blüten, ohne dass nicht auch Kritisch-Rauhes und Dornen fehl am Platze wären.
Zur „Besten Predigt 2019“ wurde die Predigt von Regina Laudage-Kleeberg gekürt, zweitjüngste Preisträgerin in dieser Kategorie. Gehalten worden war sie bei einem Mittwochabend-Wortgottesdienst für Jugendliche und junge Erwachsene in der Aachener St. Foillant-Kirche. Die gelernte Religionswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Judentum und Islam und engagierte Katholikin leitet die Abteilung für Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Jungen Erwachsenen im Generalvikariat des Bistums Essen. Die Jurorin, Professorin Angela Rinn (Herborn) zeigte in ihrer Laudatio über die Predigt übers Durchhalten zur biblischen Erzählung von Jesu Versuchung in der Wüste zeigt auf, wie inhaltsreich und zugleich humorvoll die Predigerin die Rede des Teufel und Jesu Gedanken und dann den eigenen Eindruck als echte Perspektiven der Gegenwart sprachlich ausgestaltet. Sie schließt mit dem Satz: „Regina Laudage-Kleeberg ermutigt uns, hungrig zu sein und uns nicht vorschnell abspeisen zu lassen. In einer Welt, in der scheinbar alles so schnell zu haben ist, ist es wichtig, dass wir hungrig auf Leben bleiben. Hungrig auf Gott. Hungrig nach Liebe.“
Laudatorin A. Rinn (l.) und Preisträgerin Kategorie „Beste Predigt 2019“ R. Laudage-Kleeberg (r.)
Foto: Frederike Nordholt | Univ. Bonn
ie Jury bildete auch eine eigene Kategorie für die „junge Predigt“ mit zwei Preisen. Daniel Steigerwald (Heidelberg) und Magdalena Prinzler (Karlsruhe) hatten ihre jeweilige Predigt noch als Student und Studentin der evangelischen Theologie verfasst. Steigerwalds Predigt bezog sich auf die biblische Erzählung davon, dass eine Ausländerin dem Heiler Jesus die Grenzüberschreitung über das eigene Volk abringt. Laudator Prof. Krebs strich heraus: In der Tiefenschicht dessen, wie der Prediger erzählt, wird gerade nicht der erschreckenden Frage, ausgewichen, ob Jesus, ja ob auch Gott an seine Grenzen stößt. Und mit der Erzählung wird das Vertrauen in den kreativen Möglichkeitssinn des Glaubens vor Augen gestellt, der sein Gegenüber über sich hinauswachsen lässt.
Prof. Roebben lobte, wie die Predigt von Frau Prinzler über Kain und Abel schon in ihrem Beginn durch verfremdende Nacherzählung den geschwisterlichen Konflikt mit seinem Tötungspotential mitten in nur zu vertraute innerfamiliäre und globale Gegenwartsaggressionen hineinrückt und die Schuldfrage hochkommen lässt. Frau Prinzler konnte ausnahmsweise nicht anwesend sein konnte, aus „dem besten Grund der Welt“ (wie die Zuhörerer*innen durch Hauschildt erfuhren): weil genau für den Tag der Preisverleihung die Geburt ihres Kindes „vorausberechnet“ war.
Passagen aus den drei Predigten wurden noch einmal zu Gehör gebracht. Das ließ die Anwesenden auf der Feier auch miterleben, wie die Predigten sich nicht nur in der verteilten Festschrift nachlesen lassen, sondern auch im Original geklungen haben mögen.
Laudatorin A. Krebs (l.) und Preisträger D. Steigerwald (r.)
Foto: Frederike Nordholt | Univ. Bonn
Preisträger f. d. „Lebenswerk“ Prof. E. Garhammer (l) und Laudator Prof. R. Schmidt-Rost (r.)
Foto: Frederike Nordholt | Univ. Bonn
Last but not least gab es auch einen Preis in der Kategorie „Lebenswerk“. Er ging an den renommierten Würzburger katholischen Praktischen Theologen, Predigttheoretiker und -praktiker und langjährigen Kovorsitzenden der Predigtforschungsfachgruppe „Arbeitsgemeinschaft für Homiletik e.V.“ (AgH), Prof. Erich Garhammer. In seinem Vortrag zu Beginn der Preisverleihung zeigte er auf, wie sehr die Predigt vom Gespräch mit den Literaten profitieren kann: hier Reiner Kunze, Arno Geiger, Christoph Ransmayr und Sybille Lewitscharoff. Spannend ist daran neben vielem anderen auch, wie jene biographische Schlüsselszenen einer nachhaltigen Begegnung mit christlichem Glauben beschreiben – nun aber in der Begegnung im nahen und familiären Alltag. Ransmeier erfährt beim Sterben seiner Großmutter deren auch über den Moment hinausweisenden Schlüsselsatz: „Still. Magst ruhig sein.“ Garhammer zieht daraus die mehrschichtige Einsicht: „Man merkt es Literaten, aber auch Prediger*innen an, ob sie geschwätzig sind oder ob ihre Sprache hinabreicht in tiefere Zonen der Empathie und Solidarität. Gute Literatur und gute Predigten sind unterbrochenes Schweigen.“